Leuchttürme für Ältere in Nürnberg

Gabriela Heinrich zu Besuch in der Alten-Akademie Nürnberg

11. Mai 2017

Einige der vielen Nürnberger „Leuchttürme“ für Ältere besuchte die Nürnberger Bundestagsabgeordnete Gabriela Heinrich mit ihrem Gast Petra Crone, MdB und Sprecherin der SPD-Arbeitsgruppe Demografischer Wandel im Deutschen Bundestag. Dabei war die zentrale Frage: Wie müssen wir unsere älter werdende Gesellschaft gestalten, um die Teilhabe der Älteren zu sichern?

Dass Bildung keine Frage des Alters ist, wurde beim Besuch der Alten-Akademie deutlich. Die zahlreichen Angebote der Alten-Akademie für Kurse, Vorträge und Mitmach-Veranstaltungen werden in Nürnberg immer beliebter. Das wurde im Gespräch mit Alexander Liebel deutlich, dem 1. Vorsitzenden der Alten-Akademie, sowie Christine Zahlten (2. Vorsitzende) und Dieter Schmidt (3. Vorsitzender). Besonders beliebt sind Reiseberichte, Jazz-Konzerte und Lesungen oder Veranstaltungen zu den Themen Gesundheit, Bewegung und Leben im Alter. Es ist vor allem der Wunsch nach geistigen und körperlichen Aktivitäten, der Ältere in die Alten-Akademie zieht. Dabei arbeitet die Alten-Akademie komplett ehrenamtlich und mit der Besonderheit, dass es vor allem um Angebote von Älteren für Ältere geht. Alle 130 Dozentinnen und Dozenten sind selbst im Rentenalter. „Das ist ein beeindruckendes Modell und Beispiel dafür, was Ehrenamt und Engagement für unsere Gesellschaft bewegen können“, waren sich Heinrich und Crone einig. Beide sehen die Alten-Akademie auch als Vorbild für andere Städte. Nur in einem Punkt gibt es noch Nachholbedarf, nämlich bei der Frage, wie man noch mehr Männer für die Angebote gewinnt. Denn bisher gibt es in der Alten-Akademie einen Frauenanteil von 70 Prozent. Ziel ist es auch, noch mehr Ältere mit Migrationshintergrund zu gewinnen.

Beim Besuch der Beratungsstelle Nürnberg der Verbraucherzentrale wurde deutlich, dass besonders Ältere im Fokus von „Neppern, Schleppern, Bauernfängern“ stehen. Ob es nun um betrügerisch zustande gekommene oder untergejubelte Verträge, unerlaubte Werbeanrufe oder den noch immer aktuellen „Enkeltrick“ geht, bei dem sich jemand als Verwandter ausgibt und Geld verlangt. René-Christian Effinger, stellvertretender geschäftsführender Vorstand der Verbraucherzentrale Bayern und die Leiterin der Beratungsstelle, Gisela Linke, machten deutlich, dass vor allem vorbeugende Beratung wichtig ist. Diese bietet die Beratungsstelle im Rahmen von Veranstaltungen oder Infoständen an. Die Verbraucherzentrale ist aber auch Ansprechpartner, wenn bereits etwas passiert ist. „Es ist wichtig, dass man nicht alleine bleibt und nicht aus Scham schweigt, wenn man betrogen wurde“, so Heinrich. Im Gespräch wurde deutlich, dass betrügerische Verträge bei älteren Betroffenen oft massiven Stress bis hin zu Krisen auslösen. „Da muss man sich Hilfe holen“, so Heinrich und Crone. Beide wollen sich für eine Stärkung der Verbraucherzentralen einsetzen. Dazu gehört auch das vom Bundesjustizministerium geförderte Frühwarnsystem „Die Marktwächter“. Damit sollen Missstände früh erkannt und auf Fehlentwicklungen aufmerksam gemacht werden, auch um gesetzliche Lücken zu schließen. Vor allem im Energiebereich gebe es hier noch Bedarf. Hohe und nicht nachvollziehbare Stromrechnungen gehören genauso dazu wie Probleme mit dubiosen „Billiganbietern“.

Um das Thema altersgerechte Produkte und Dienstleistungen ging es beim Treffen im JOSEPHS. Dr. Bettina Williger informierte über Beispielprojekte der Fraunhofer SCS im Bereich altersgerechte Dienstleistungen für Unternehmen. Dabei geht es vor allem darum, technische und technologische Forschungsergebnisse in die Anwendung zu bringen, auch für Kommunen. Im Rahmen des Projekts „Digitales Dorf Bayern“ steht im Fokus, wie die Versorgung älter werdender Dorfgemeinschaften mit Vernetzung von Bürgern, Unternehmen und Einrichtungen wie z.B. einem mobilen Bauernmarkt oder im Bereich Telemedizin gestärkt werden kann. Das vom Bundesministerium für Bildung und Forschung geförderte Projekt „Dynsens“ hat dagegen das Ziel, ambulante Pflegekräfte mit Hilfe sensorischer Arbeitskleidung und einer dynamischen Personal- und Tourenplanung zu entlasten.

Ralf Shekira und Claudia Höhnisch stellten die JOSEPHS Forschungsinsel der wbg Nürnberg GmbH zum technikunterstützten Wohnen vor und machten deutlich, dass es darum geht, Mietern das Leben in den eigenen vier Wänden so lange wie möglich zu ermöglichen. Derzeit seien rund 10 % der Wohnungen der wbg barrierearm. Das sei ein Anfang, aber es gebe einen großen und wachsenden Bedarf. Beim Neubau setze man deswegen auf einen barrierefreien Zugang, aber auch zum Beispiel einen barrierefreien Balkon. Fünf Musterwohnungen, komplett technisch unterstützt, mit einer WLAN-gebundenen Lösung via iPad und TV, zeigen, wie komplett altersgerechtes, barrierefreies und technisch unterstütztes Wohnen in der Zukunft aussehen kann. Allerdings sind die Kosten noch zu hoch, um eine generelle Umrüstung auf diesen Standard zu ermöglichen. In einer Umfrage unter Besucherinnen und Besuchern im JOSEPHS nach dem Bedarf war ohnehin deutlich geworden, dass viele Menschen große technische Lösungen gar nicht unbedingt wollen, sondern mit kleineren, individuellen Nachbesserungen zufrieden sind. Dies gilt nicht nur für die Wohnungen, sondern auch die Wohnquartiere. „Bundesweit gibt es einen Bedarf von fast 3 Millionen zusätzlichen, altersgerechten Wohnungen bis zum Jahr 2030“, so Crone und Heinrich. Beide wollen sich in Berlin dafür einsetzen, das von der Großen Koalition wiederbelebte Zuschussprogramm für altersgerechten Umbau von Wohnraum fortzusetzen und auszubauen.

Vom Institut für Psychogerontologie der Friedrich-Alexander-Universität Erlangen-Nürnberg erläuterte Dr. Roland Rupprecht im JOSEPHS die Beratung für gesundes Altern (BegA) des Instituts. Rupprecht erläuterte, dass sich die Wahrnehmung von Altern als „Problem“ verändere. Mittlerweile sehen 40 % der Befragten das Altern als neue Chance. Er betonte die Bedeutung von präventiven, nicht-medikamentösen Beratungsangeboten für gesundes Altern. Die BegA bietet im Institut für Psychogerontologie in der Kobergerstr. 62 hierzu, wie auch zu Themen wie Wohnen im Alter, Informationsveranstaltungen und Mitmachaktionen an. Man kann dort auch die eigene Fahrtauglichkeit und das Gedächtnis testen oder sich über die beste Ernährung im Alter informieren. Ein solches Angebot kann große Bedeutung haben, denn Wortfindungsstörungen verweisen zum Beispiel manchmal nicht auf eine beginnende Demenz, sondern eine verspätete Trauerbewältigung. „Es ist ein tolles Angebot, um festzustellen, wie man das Altern gesünder, sicherer und zugunsten einer höheren Lebensqualität gestalten kann“, so Crone und Heinrich.

Um die „Lokale Allianz für Menschen mit Demenz“ ging es beim Austausch mit Thomas Staudigl, dem Einrichtungsleiter des Seniorenzentrums am Tiergärtnertor. Mit Bundesmitteln werden über einen Zeitraum von zwei Jahren bundesweit solche Allianzen mit jeweils 10.000 Euro gefördert. Ziel ist es, die Lebenssituation für Menschen mit Demenz und ihre Angehörigen vor Ort zu verbessern. Die Stadtmission Nürnberg arbeitet als Träger daran, dies in Ziegelstein und Buchenbühl umzusetzen. Zu den Kooperationspartnern gehören unter anderem die Diakonie Ziegelstein, die Caritas Nürnberg Nord, das Pflegezentrum Hephata, die Angehörigenberatung e. V., das Seniorennetzwerk Ziegelstein und Buchenbühl und der Kulturladen Ziegelstein. Mit einem Dreiklang aus Information, Beratung und Öffentlichkeitarbeit soll vor allem die Isolation Betroffener aufgebrochen werden. Die wichtigste Erkenntnis sei häufig: „Ich bin nicht alleine mit meinen Problemen und muss nicht alleine sein.“ Zu den Angeboten gehört das gemeinsame Gestalten, das Zusammenstellen einer Ausstellung, aber auch ein kostenloser Malkurs für Menschen mit Demenz und deren Angehörige. Auch über die Möglichkeiten der Tagespflege können sich Angehörige informieren. „Die Betreuung von Demenzkranken kann ein 24-Stunden-Job sein. Es ist wichtig, dass Angehörige sich nicht überfordern, sondern Entlastung suchen und zwar ohne ein schlechtes Gewissen“, so Heinrich. Angesichts der auch in Zukunft steigenden Zahl der Menschen mit Demenzerkrankung gehe es zudem darum, eine entsprechende „Infrastruktur“ für Betroffene und Angehörige auszubauen, so Crone. Im Bundestag wollen sich beide für eine Fortsetzung der Förderung für die Allianzen starkmachen.